Cassandra Steen im Interview "Spiegelbild": Vom Suchen und Finden des Glücks

Cassandra Steens Musik lebt von ihren realen Lebensereignissen. Klingt so, als hätte sie mit ihrem neuen Album „Spiegelbild“ viel zu verarbeiten gehabt: Trennungsschmerz, Selbstzweifel, Ablehnung, Selbstsuche und -wiederfindung … Der Song „Neubeginn“ gibt dennoch Hoffnung auf ein „Happy End“!

Es ist ein schöner sonniger Tag in München. Dieser Sommer hat uns ja nicht so viele davon beschert. Umso wichtiger ist es deshalb, sich mit Menschen zu umgeben, die einem die Wärme ins Herz zaubern. Cassandra Steen gehört definitiv dazu. Ich lasse mir noch eine gute halbe Stunde vor dem Interviewstart die Sonne ins Gesicht scheinen und freue mich auf das Gespräch mit einem der sonnigsten Menschen unserer Zeit.

Cassandra Steen im Interview:


In der Tat strahlen mir noch ein paar Sonnenstrahlen mehr entgegen, als ich die Suite des Eurostar Grand Centrale betrete: „Es ist immer noch so schön draußen. Wir sind angekommen und hatten Sonne!“, schwärmt Cassandra, wie immer mega fröhlich und ganz ohne Star-Allüren. Verspielt mädchenhaft wirkt die 1,87 Meter große junge Frau. Eine starke Frau, die für ihren Opa mitten in Mississippi eine Phantasie-„Stadt“ bauen würde, mit dem natürlichen Flair des alten Paris, der künstlerischen Szene von London und der Lebendigkeit und Vielfalt von New York: „Er hat nämlich Heimweh.“ Und die heute die Zeile aus ihrem Lied „Wenn es Liebe ist, warum tut es dann so weh?“ mit „dann ist es unerwartet!!“ ersetzen würde.

Aber heute sprechen wir über ihre neue Platte „Spiegelbild“. Und darüber, wie ihr neues „Spiegelbild“ aussieht. Denn in den letzten 2-3 Jahren hat sich einiges in ihrem Leben geändert. Bestimmt auch sie selbst. So frage ich mich (und sie!), wer nun morgens immer aus ihrem Spiegel zurückschaut?

„Eine zufriedene Person … Manchmal kehrt das unsichere, kleine Mädchen, das ich mal war, zurück“, gesteht Cassandra. In ihrem Blick erkenne ich in diesem Moment etwas Verträumtes und für eine Sekunde sitzt wieder eine „kleine Cassandra“ vor mir. „Und dann kommt die Erwachsene und fängt an zu diskutieren“,  lacht Cassandra etwas frech. „Und schon hat man auf einmal zwei Seiten, die manchmal miteinander auch kämpfen.“ Und ich glaube es Cassandra, dass manchmal das Kind gewinnt, im trotzigen Sinn. Doch manchmal auch die Erwachsene. In solchen Situationen geduldet sich Cassandra einfach und schaut, was passiert …

Was passiert, wenn ich versuche, aus den Titelsongs des neuen Albums von Cassandra Steen zumindest einen kleinen Teil der Lebensgeschichte der Künstlerin widerherzustellen? Sehen Sie hier das Ergebnis …

Bleibt alles gleich

Cassandra Steen im Interview:
Getty Images / Auf dem Foto:
Cassandra Steen und ihr Ehemann Stephan Kocijan


Ist das Leben nicht eine ständige Veränderung? Eigentlich hat sich im Leben von Cassandra Steen so einiges verändert. Die vielen Jahre des Single-Daseins scheinen nun endgültig der Vergangenheit anzugehören: Im kleinen Familien- und Freundeskreis soll die hübsche Soul-Sängerin ihrem Freund Stephan Kocijan vor nicht allzu langer Zeit das „Ja“-Wort gegeben haben. Apropos Familie: Auch hier blieben die Veränderungen nicht aus. Die Familie, die der Deutsch-Amerikanerin viel zu viele Jahre verwehrt blieb (sie wuchs bei ihren Großeltern auf, verlassen von beiden Elternteilen), hat sich vor ein paar Jahren nun endlich in Florida zusammengefunden.

… und nun kam auch die neue Platte heraus!

Demnach bleibt im Cassandras Leben alles im Fluss! Es gab Zeiten, in denen sie an ihrem Wert im Universum gezweifelt hat, mit der Angst zu kämpfen hatte, „unterzugehen und vergessen worden zu sein“. „Und dann hat man plötzlich diese Bandbreite an Menschen, die Blutsverwandten sind, die einem ähnlich sind“, erzählt die Sängerin stolz, u.a. von einem ihrer Onkel, der genauso impulsiv und geradeheraus sei, wie sie selbst im privaten Leben. Die impulsive, direkte Cassandra, die in der Öffentlichkeit so zart und sanftmütig wirkt? Kaum zu glauben!

Zurück

Die Rückkehr ins Herz der Familie ist der einzige denkbare Weg „zurück“ für die charismatische Künstlerin. Auch wenn da noch ein Stück fehlt und immer fehlen wird: „Gerade ist meine Großmutter gestorben. Erst dann haben sich alle Kinder, Tanten und Onkel gefunden. Deswegen sind da noch sehr viele Fragen offen …“

Bessere Tage

Ja, alles ist gut im Cassandras Leben. Doch es ist auf jeden Fall noch steigerungsfähig, denn: „Es kommen bessere Tage, die alle Fragen beantworten werden.“ Darunter vielleicht auch Fragen über ihren Vater, den sie nie gesehen hat. Oder die Frage danach, warum sich ihre Mutter so desinteressiert zeigt …

Gewinnen

Die Wörter „Liebe“ und „Familie“ werden langsam zum roten Faden unseres Gesprächs. „Mein größter Gewinn war tatsächlich, noch mehr Liebe zu erfahren. Egal ob über Familie oder über jemanden, der auftaucht und sagt, ‚du bist beeindruckend und liebenswert‘“, strahlt Cassandra mit der Kraft von tausend Sonnen. Wen sie damit wohl meint, ist nicht schwer zu verstehen …

Zu kalt

Doch auch die sonnigste Seele kann die Welt als zu kalt empfinden. Ignoranz und Menschenmanipulation, auch durch die Medien, sind es, die die Sängerin an so manchen Tagen frieren lassen. Z.B. „in Situationen, in denen Dinge berichtet werden, die sehr schnell wieder untergehen, banal sind oder überhaupt nicht gehört werden.“ Und wenn es mal nicht um Menschen- sondern Wetterlaunen geht, schwört Cassandra auf ihr Lieblings-Jumpsuit und eine Tasse guten Tee. Letzterer wärmt auch die Seele …

Weil ich auf der Suche bin

Cassandra Steen im Interview:


Obwohl sie vieles bereits gefunden hat, ist die strahlende Sängerin doch immer noch auf der Suche: „Nach mir selber. Und immer wieder aufs Neue.“ Auch die Suche nach der inneren Ruhe geht weiter. Zum Glück hat sie davon viel mehr, als früher: „Ich muss jetzt nicht bei allen Dingen mitmachen, auch wenn ich sie für gut halte. In manchen Momenten sag ich zu mir dann, ‚Ich finde andere tolle Sachen, in aller Ruhe‘.“

Cassandra hat gelernt, dass die besagte innere Ruhe für mehr Selbstvertrauen sorgt. Und auch dafür, dass man Dinge aus einer völlig offenen Perspektive betrachtet und sie daher eher zulässt.

Neubeginn

Auch jeden Neubeginn muss man zulassen lernen. Denn das Leben ist eben immer voller Überraschungen. Und wenn man auch manchmal denkt, dass es nicht mehr weiter geht, öffnen sich plötzlich neue Türchen und es „… entstehen Momente und Situationen, die man sich nicht erträumt hätte und die für einen Neubeginn sorgen.“

Du weißt das

… dass „Ich immer hinter dir stehe!“ Dieser Satz ist an Cassandras Ehemann und Manager adressiert. Denn genau das ist für Cassandra Steen die richtige Beziehungsbasis. Dazu kommt noch Respekt. Eine Beziehung zu managen ist mit Sicherheit komplizierter als eine Konzert-Tour: „Man hat dann irgendwann mal nicht mehr die Illusion vor sich, sondern einen Menschen. Dann muss man seine Erwartungen zwar nicht zurückschrauben, sondern realistisch halten, fair“, weiß die Sängerin. „In einer Beziehung muss jeder lernen, Sachen, die man früher für „einen Fehler“ gehalten hätte, neu einzuordnen und zu sagen, dass sie vielleicht sogar interessant sind.“

Spiegelbild

Cassandra Steen im Interview:


„Der Staub auf meinem Lebenstraum – er ist wie weg geweht“, lautet die erste Zeile des Songs. Eigentlich ist damit alles gesagt. Wenn da nicht die erwähnte Suche nach dem ICH und der inneren Ruhe wäre, die nun fast jeden weiter treibt. So stellt sich die Frage nach einem neuen Lebenstraum ganz von allein. „Der weitere Lebenstraum wäre, eine tiefer gehende Erfüllung zu finden, was auch diese zwischenmenschlichen Beziehungen angeht“, vertiefen wir das Beziehungs-Thema. Schmetterlinge im Bauch wechseln sich ständig mit Trott-Phasen ab, nach den „sich neu entdecken“-Zeiten kommen Flauten – das ist der normale Gang der Dinge. Dazu gehört auch eine gute Portion Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, eigenverantwortlich das gemeinsame Wachstum zu fördern. „Es wird in unserer Zeit leider immer weniger vorgelebt, dass man da gewisse Dinge auszuhalten hat. Oder sich dann wieder zusammensetzen muss und sagen, ‚SO möchte ich wieder zusammenkommen und -bleiben‘, um eventuelle weitere unvorhersehbare Hürden zu überwinden, zu meistern …“ Denn „niemand kommt zusammen, mit dem Vorsatz, sich wieder zu trennen“, finalisiert Cassandra lachend.

Sie hat gut lachen, diese schillernde Frau, die mit ihren 34 Jahren mit diesen Erkenntnissen bereits einen großen Schritt in Richtung perfektes Glück gemacht hat. Ihre Glücksformel scheint sie gefunden zu haben …?

Cassandra Steen im Interview:
Olga Sattler /
Cassandra Steen, Interview in München

Glück

Dass das Glück und Glücklichsein relativ sind, ist eine klare Sache. Das Wort Glück zu definieren ist dennoch alles andere als einfach, auch für die Künstlerin, die das pure Glück nur so ausstrahlt. „Es gibt Dinge, die mich sicherlich glücklich machen, aber ob das Glück insgesamt bedeutet …?“  Wir beide denken nach und kommen zum Schluss, dass jeder einzelne Moment DAS Glück sein kann. Es sei Glück, hier zu sitzen und zu wissen, dass es allen aus der nächsten Umgebung gut geht! „Ich muss mir gerade keine Sorgen um niemanden machen. Das ist Glück!“, lacht mir die sonnige Frau selig entgegen.

Immer noch

Solche Glücksmomente sind zwar flüchtig und werden von anderen, weniger glücklichen Momenten abgelöst, klar. Die Kunst ist es, zu erkennen, dass da immer noch etwas ist, das einen glücklich macht. Diese Kunst scheint Cassandra zu beherrschen: „Egal, ob sich die Situation zum Negativen dreht – es gibt immer noch etwas, was mich glücklich macht.“ Fazit: Die Weisheit, dass es auch in schlechteren Zeiten etwas da ist, das uns ein bisschen zufriedener macht, sollten wir nie vergessen!

Vergessen

Was würde Cassandra Steen sonst nie vergessen? Bei dieser Frage wird sie nachdenklich und ein leichter, flüchtiger Schatten der Traurigkeit legt sich auf ihr strahlendes Gesicht. Oh ja, es gibt einiges, was sie NIE VERGESSEN würde … Doch heute will sie nicht darüber reden, es ist ja letztendlich immer noch etwas da, was sie glücklicher macht … Zum Beispiel die Erinnerung daran, wie sie ihren Mann kennen gelernt hatte. Und schon erhellt ein fröhlich-verträumtes Lächeln das hübsche, liebevolle Gesicht: „Es war leicht fremdbestimmend. Wir hatten einen Kuppler, der mir schon davor von ihm erzählt hatte und ich war am Akzeptieren meines Single-Seins. Und dann hat dieser Freund tatsächlich eine Barbecue-Party geschmissen. Und seitdem sind wir unzertrennlich!“

Da taucht ER aus dem Nebenraum der Suite auf, ihr untrennbarer Part Stephan Kocijan! Die Interview-Zeit ist vorüber …
Text: Olga Sattler

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert