Kein Oktoberfest ohne Dirndl

Kein Oktoberfest ohne Dirndl

Alles über Dirndl


Der Countdown zum Oktoberfest ist schon lange angelaufen und wer den Biergeschmack schon auf der Zunge, die Blasmusik im Ohr und den Duft von frischen Hendln in der Nase hat, der ist damit sicher nicht allein. Aber auch fürs Auge wird wieder einiges geboten sein. Der Trachten-Boom hält unvermindert an und macht München vorübergehend zu einem Spitzweg-Idyll. Und wo Männerwaden in Wadenwärmen und Haferlschuhen stecken, da müssen Frauenhüften und Dekolletees im Dirndl wogen. Alles was man über das Kultkleid wissen muss, haben Heide Hollmer und ihre Nichte Kathrin Hollmer in ihrem Buch mit dem passenden Titel „Dirndl“ zusammengetragen.

„Eintrittskarte und Mitgliedsausweis“

Die Zeiten, als das Dirndl als altmodische Deutschtümelei verschrien war, sind lange vorbei. Das „farbenfrohe Kleid aus eng anliegendem Oberteil und weitem Rock, das klassisch mit Bluse und Schürze kombiniert wird“, ist längst zum Kultstück geworden, das in immer neuen Varianten, Farben, Mustern und Stilen daherkommt. Das gefällt den Traditionalisten natürlich nicht, die die Trägerin von Dirndl mit Tüll, Brokat oder sogar Totenkopfaufdruck auch mal als „Faschingstrachtlerinnen“ abkanzeln. Aber so schön der Traum vom „echten“ Dirndl und Tracht auch ist, Wirklichkeit war er nie, denn traditionell ist am Dirndl so gut wie gar nichts.

Das Dirndl hat nämlich laut den Hollmer-Frauen wenig mit dem zu tun, was man unter Tracht versteht. Es war vielmehr ein einfaches Arbeitskleid, hat sich nur an regionale Trachten angelehnt und hat seine Bedeutung als Kulturgut erst bekommen, als die Sommerfrischlerinnen scharenweise aus der Stadt zur Erholung aufs Land flohen. Für sie war das Dienstbotenkleid die Erfüllung des Traums vom glücklichen Landleben. Und nun ist es ein Abenteuer, ein Glücksversprechen in Stoff, der Gegenentwurf zur unveränderlichen, traditionellen Tracht.

Im Gegensatz zur Tracht ist das Dirndl auch kein Zeichen der Abgrenzung. Es ist „Eintrittskarte und Mitgliedsausweis“, im Dirndl gehört die Australierin oder Chinesin genauso dazu, wie die Münchnerin und Tölzerin. Die Party-Uniform stärkt schlicht das Zusammengehörigkeitsgefühl beim Feiern.

Das Dirndl „macht sie schöner“

Alles über Dirndl
Dirndl „Mein Herzblut“


Und was macht nun den Zauber des Dirndls aus? Klare Sache, meinen Heide und Kathrin Hollmer: Das Dirndl ist immer gleich und immer anders. Das gediegene Grundgerüst aus fest vorgegebenem Schnitt und Einzelteilen ist die perfekte Leinwand für unendlich viele Variationen von Farben, Mustern und Accessoires, von elegant bis schrill. So kann jede Dirndl-Trägerin bei aller Gleichheit und Zusammengehörigkeit ihre Individualität ausleben.

Und wenn frau es dann trägt, alle Reißverschlüsse zu sind, alle Knöpfe geknöpft und die Schürze geknüpft ist, dann schlüpft sie in eine Rolle. Die Unschuld vom Lande kokettiert mit dem Großstadtvamp, urbane, sexy Zivilisation trifft auf ironische „Heidi-Romantik“ – die perfekte Liaison von unschuldiger Mädchenhaftigkeit mit weiblicher Erotik. „Es kommt bieder daher, und trotzdem bringt es den Busen raffiniert zur Geltung, betont die Taille, zeigt reichlich Bein.“ Die Frau von Welt verwandelt sich spielend leicht in die „naive Heidi oder die sinnliche Verführerin“ und danach auch ganz locker wieder zurück. Das stoffgewordene Ass im Ärmel.

Und deshalb kann nur noch Punk-Designerin Vivien Westwood recht haben, wenn das Oktoberfest endlich da ist: „Frauen sollten mehr Dirndl tragen. Das macht sie schöner.“

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